Gepostet von herr.filmtanz am Dez 25, 2017

ANHEDONIA – NARZISSMUS ALS NARKOSE | Patrick Siegfried Zimmer | BlitzKritik

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Seltsam, im Nebel zu wandern

ANHEDONIA – NARZISSMUS ALS NARKOSE, was ein Werk! „Seltsam, im Nebel zu wandern!“ – ich liebe Hermann Hesse. Vor Freude laut quiekend habe ich mich im Schlamm der Worte gesuhlt und mich als Mensch wiedergefunden. Der deutsche Regisseur Patrick Siegfried Zimmer hat es mehr als gut gemacht; am liebsten würde man ihn mit Lob beschimpfen – nach dem Anschauen bitte!

Sie Szene, wenn Franz mit einem in seinen Händen verschwindenden Porzellanhund ein wechselseitiges Gespräch aus der Tiefe seiner Seele führt, hat mich – ganz ehrlich gesagt – innerlich in Tränen zerrissen. Eines der intensivsten Kinomomente im Jahr 2016. Was Robert Stadlober in der Rolle des Franz leistet ist überragend, verdient meine größte Hochachtung von Herzen. Wenn Paula Kalenberg lächelt, strahlt die ganze Welt.

Im Jahr 2020 wird die Menschheit völlig von Konsum und Reizüberflutung zerfressen. Also Folge breitet sich die mysteriöse Krankheit „Anhedonie“ aus und die Betroffenen sind plötzlich unfähig, Freude zu empfinden. Auch die Aristokraten-Söhne Franz und Fritz Freudenthal gehören zu den Erkrankten und suchen in ihrer Not Hilfe beim weltberühmten Psychotherapeuten Prof. Dr. Immanuel Young.

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Eröffnet wird dieses Werk mit dem Gedicht IM NEBEL, von Hermann Hesse. Gemeinsam mit DER PANTHER von Rainer Maria Rilke sind es die wertvollsten Worte in meinem Leben, in meiner Seele – Lebensgedichte.

⭐ Im Nebel ⭐

Seltsam, im Nebel zu wandern!
Einsam ist jeder Busch und Stein,
Kein Baum sieht den anderen,
Jeder ist allein.

Voll von Freunden war mir die Welt,
Als noch mein Leben licht war;
Nun, da der Nebel fällt,
Ist keiner mehr sichtbar.

Wahrlich, keiner ist weise,
Der nicht das Dunkel kennt,
Das unentrinnbar und leise
Von allem ihn trennt.

Seltsam, im Nebel zu wandern!
Leben ist Einsamsein.
Kein Mensch kennt den andern,
Jeder ist allein.
(Hermann Hesse)

Für mich war es DIE satirische Bereicherung in dem Kinojahr 2016 auf meiner Leinwand, mit über 400 gesehen Werken in diesem Jahr. Solche großartigen Werke dürfen nicht untergehen, sollten geliebt werden. Das gesamte Ensemble darf sich von ganzem Herzen sehr umarmt fühlen. Großartig. Ein Hochgenuss 😀

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Wir schreiben das Jahr 2020. Weltweit werden tagtäglich Milliarden von Menschen Opfer der digitalen, medialen, narzisstischen, hedonistischen, karrieristischen und konsumorientierten Reizüberflutung und Suggestion durch das Establishment. Auf bis dato unerklärliche Weise erkranken schlagartig hunderte Millionen Bürger der ersten Welt epidemisch an Anhedonie, der Unfähigkeit, Freude, Lust und Befriedigung zu empfinden. Zwei Musteropfer dieser unsäglichen Umstände sind die ungleichen, aber dennoch unzertrennlichen Aristokraten-Söhnchen Franz und Fritz Freudenthal. Völlig sinnentleert und gepeinigt durch ihr jämmerliches, lust- und spaßfreies Dasein vegetieren sie dahin, bis sie auf die neue einzigartige Lust-Stimuli-Therapie des weltberühmten und angesagten Psychotherapeuten Prof. Dr. Immanuel Young aufmerksam werden und darin die Lösung all ihrer Probleme sehen.

Regie: Patrick Siegfried Zimmer
Drehbuch: Sebastian Schultz, Patrick Siegfried Zimmer
Kamera: Marius von Felbert
Schnitt: Habiba Laout
Musik: Patrick Siegfried Zimmer
Hauptdarsteller: Robert Stadlober, Paula Kalenberg, Blixa Bargeld, Dirk von Lowtzow, Wieland Schönfelder
Genre: Satire
Produktionsland: Deutschland
Produktionsjahr: 2015

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