„Capernaum“, aus dem Hebräischen, bezeichnet eine ungeordnete Ansammlung von Objekten, einen Ort voller Chaos. Einen solchen Ort zeigt die libanesische Regisseurin Nadine Labaki in ihrer hochemotionalen Fabel.
In visuell eindrucksvollen Kinobildern erzählt CAPERNAUM – STADT DER HOFFNUNG von den abenteuerlichen Lebensumständen jener, die von einem besseren Leben träumen, aber in unserer Welt keine Chance haben. Mitreißend inszeniert legt Nadine Labaki die Mechanismen unglaublicher, sozialer Ungerechtigkeit offen und gibt denen eine Stimme, die im Schatten leben, oft ohne Ausweispapiere und Arbeitsmöglichkeiten. Ein Film von großer Empathie und Menschlichkeit.
CAPERNAUM – STADT DER HOFFNUNG wurde beim Filmfestival in Cannes minutenlang mit stehenden Ovationen gefeiert und gewann den Preis der Jury und den Preis der Ökumenischen Jury. Der Libanon schickt CAPERNAUM – STADT DER HOFFNUNG ins Oscar-Rennen als Bester Nicht-englischsprachiger Film.
Kino-Zeit Kinofinder – CAPERNAUM
Aus einem Interview mit der Regisseurin Nadine Labaki
Wovon handelt Ihr Film?
CAPERNAUM – STADT DER HOFFNUNG erzählt von der Reise des zwölfjährigen Zain, der entscheidet, seine Eltern zu verklagen, weil sie ihn in diese Welt gesetzt haben, obwohl sie ihn nicht ordentlich großziehen, bzw. ihm nicht einmal Liebe geben können. Der Kampf dieses misshandelten Jungen, dessen Eltern ihrer Aufgabe nicht gerecht werden, klingt wie der Schrei all derer, die von unserem System vernachlässigt werden. Eine universelle Anklage durch die Augen eines Kindes…Dennoch scheint die Vorstellung eines Kindes, das seine Eltern verklagt, unrealistisch …
Die Tatsache, dass Zain seine Eltern anklagt, ist eine symbolische Geste im Namen all der Kinder, die sich nicht ausgesucht haben, geboren zu werden, und denen es möglich sein sollte, von ihren Eltern ein Minimum an Rechten zu verlangen. Zumindest das Recht, geliebt zu werden. Ich wollte, dass der Prozess realistisch aussieht, mit Fernsehkameras und verschiedenen Medien, die Zain vor Gericht unterstützen.
Über den Darsteller ZAIN AL RAFEEA – Zain
ZAIN AL RAFEEA wurde am 10. Oktober 2004 geboren, im östlichen Mliha, in Daraa, Syrien. Er ist der zweite Sohn von Ali Al Rafeea und Nour Al Hoda Al Saleh. Seit den gewaltsamen Auseinandersetzungen in Daraa im Jahr 2012 war Zain seines Anrechts auf Bildung beraubt, konnte keine Schule mehr besuchen.
In diesem Jahr wurde die Situation für die Familie mit vier Kindern (das älteste war zu dieser Zeit acht Jahre alt) unerträglich. Sie packten ihre Sachen und brachen auf in den Libanon.
In Beirut konnte Zain nicht in das Ausbildungs-System integriert werden und erhielt stattdessen unregelmäßigen Hausunterricht. Seit er zehn Jahre alt ist, hat er gearbeitet, zum Beispiel als Lieferant von Supermarkt-Einkäufen. Seine Leidenschaft gilt der Taubenzucht, sein Traum ist es, einen Tauben-Laden zu eröffnen. 2016 bemerkte ihn die Casting-Direktorin von CAPERNAUM – STADT DER HOFFNUNG in seinem Beiruter Viertel inmitten einer Gruppe von Kindern. Sie sah in ihm sofort den sanftkantigen Charakter, ein Mix aus Gewitztheit und herzzerreißendem Charisma, genau das „Juwel“, nach dem Regisseurin Nadine Labaki suchte. Mit Hilfe von UNHCR, dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen, konnten Zain und seine Familie in zwischen nach Norwegen auswandern. Sie haben die Chance dort ein neues Leben zu beginnen und Zain darf endlich eine Schule besuchen.
Zain (Zain Al Rafeea) ist gerade einmal zwölf Jahre alt. Zumindest wird er auf dieses Alter geschätzt. Der Junge hat keine Papiere und die Familie weiß auch nicht mehr genau, wann er geboren wurde. Nun steht er vor Gericht und verklagt seine Eltern, weil sie ihn auf die Welt gebracht haben, obwohl sie sich nicht um ihn kümmern können. Dem Richter schildert er seine bewegende Geschichte: Was passierte, nachdem er von zu Hause weggelaufen ist und bei einer jungen Mutter aus Äthiopien Unterschlupf fand und wie es dazu kam, dass er sich mit ihrem Baby mittellos und allein durch die Slums von Beirut kämpfen musste.
Ein Kind klagt seine Eltern an und mit ihnen eine ganze Gesellschaft, die solche Geschichten zulässt.
Regie: Nadine Labaki
Darsteller: Zain Al Rafeea, Yordanos Shifera, Boluwatife Treasure Bankole
Gerne: Drama
Produktionsland: Libanon, Frankreich, USA
Produktionsjahr: 2018
Kinostart: 17.01.2019
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